Von Bettina Dobe
Routine, Schichtarbeit, feste Arbeitszeiten: Das Industriezeitalter hält die Gestaltung der Arbeitswelt noch immer fest im Griff. Langsam ändert sich das. Die Firma Trendbüro, ein Beratungsunternehmen für gesellschaftlichen Wandel, hat im Auftrag des bso Verband Büro-, Sitz- und Objektmöbel die Studie “New Work Order” erstellt. Die Forscher haben die Trends in der Arbeitswelt analysiert. Wir werden uns ganz schön umstellen müssen.
Den größten Einfluss hat Social Media. Es verändert den Konsumenten und damit auch die Unternehmen. “Die Kunden agieren bereits souveräner und geben direkt Feedback über Produkte”, sagt Birgit Gebhardt, Ex-Direktorin des Trendbüros. Diese Transparenz in der Beurteilung wirkt sich auf die Unternehmen aus. Eigentlich müssten Firmen genauso schnell und vor allem dynamischer reagieren. In alten Strukturen ist das aber schwer. “Die Kunden kommunizieren schneller und inhaltsfokussierter als Unternehmen das leisten können”, sagt Gebhardt. “In den Unternehmen behindern komplexe Hierarchien den Informationsfluss.” Ein Wandel ist also dringend nötig.
“Share and Win”
Grundsätzlich muss sich die Kommunikation ändern, denn die spielt die größte Rolle, so die Studie des Trendbüros. Die “Digital Natives” sind es ohnehin schon gewohnt, ihr Wissen und ihre Meinungen zu teilen. “Share and Win”, nennt das Trendbüro diesen Vorgang. Die Kommunikation wird viel stärker virtuell ablaufen, vor allem über unternehmensinterne Social Media Plattformen. Sie wirken sich auf den Arbeitsplatz, das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Unternehmer, das Arbeitsumfeld und die Produktivität aus. Diese sechs Trends werden in Zusammenhang mit “Share and Win” kommen.
1. Mehr Projektarbeit
Schon jetzt verbringen Angestellte mehr als ein Drittel ihrer Arbeitszeit mit Projektarbeit. Mitarbeiter werden nicht mehr in einem festen Aufgabenbereich eingesetzt, sondern arbeiten auf Projektbasis. Immer wieder arbeiten sie in neuen Teams mit anderen Kollegen, wo ihr Fachwissen gezielt eingesetzt werden kann. “Besonders Wissensarbeiter betrifft das”, sagt Gebhardt. “Deren Standardtätigkeiten werden immer mehr abnehmen.” Das besorgt oft Führungskräfte, die einen Kontrollverlust fürchten.
Dieser Trend wird sich noch verstärken: Die Zukunft ist projektorientiert. Aber die Unternehmen sind darauf noch nicht eingestellt. “Die überkommenen Silo-Strukturen müssen aufgebrochen werden”, glaubt Gebhardt. “Wir müssen flexibler werden.” Das betrifft vor allem die Organisation der Mitarbeiter. “Die Teams werden sich selbstständiger organisieren, um eigenverantwortlicher und ergebnisorientierter arbeiten zu können”, sagt die Trendforscherin.
2. Neue Mitarbeiterkultur
Mitarbeiter werden in Zukunft freier im Unternehmen tätig sein, vermittelt durch eine unternehmenseigene “Talent Cloud”. Sie geben in Profilen ihre Talente und Fähigkeiten an. Führungskräfte stellen aus dem Talentpool Mitglieder für die Teams zusammen. “Bei IBM passiert das schon jetzt: Die Abteilungen buchen sich Experten aus dem Unternehmen dazu”, so Gebhardt. Ähnliches zeigen soziale Netzwerke wie LinkedIn, sagt die Direktorin des Trendbüros. Mitarbeiter fordern von ihren Vorgesetzten mehr Referenzen ein, die sie entweder in unternehmenseigenen Talent Clouds oder extern präsentieren. Das wirkt sich auch auf die Arbeitswelt aus.
Das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird sich ändern. Flexible Wissensarbeiter werden, glaubt Gebhardt, nicht mehr bereit sein, auf interessante Projekte zu warten und Durststrecken mit langweiligen Arbeiten zu überbrücken. Sie wollen und müssen ständig dazu lernen und fordern spannende Tätigkeiten. Die Beziehung zwischen Vorgesetzten und Angestellten wird eher zu einem partnerschaftlichen Austausch. Die Mitarbeiter fühlen sich so eher als freie Mitarbeiter.
3. Neue Aufgaben für Führungskräfte
Das fordert die Führungskräfte. Sie müssen dafür sorgen, dass sich die Mitarbeiter stärker ans Unternehmen gebunden fühlen. “Führungskräfte müssen mehr Team-bildende Events veranstalten”, sagt Gebhardt. Sonst wandern die besten irgendwann ab. Entscheider werden also auch eine Art Mentoring-Rolle einnehmen müssen. Zudem müssen sie dafür sorgen, dass Socialising nicht zu kurz kommt. Wer seine Kollegen und Vorgesetzten schätzt und sich wohl fühlt, wechselt nicht so schnell den Arbeitgeber. Die physische Anwesenheit ist immer noch sinnvoll, um zu netzwerken. Die Architektur des Arbeitsplatzes hat darauf maßgebliche Auswirkungen.
4. Neue Architektur: Kein Abgesang aufs Büro
Projektarbeit braucht “open spaces”, keine Einzelzellen. Schon jetzt haben laut Umfrage 29,3 Prozent der befragten Unternehmen eigene Räume ausschließlich für die Projektarbeit eingerichtet. Und eigentlich braucht man das Büro nicht mehr als den Ort, wo das technische Equipment für die Arbeit vorhanden ist. Viel eher nutzen Angestellte sie als Ort der Vernetzung. “Jedes Unternehmen muss für sich selbst entscheiden, für welche Arbeitskultur es stehen will”, sagt die Direktorin. Natürlich wird es in einigen Abteilungen Einzelbüros geben. “Ganz abschaffen wird man Einzelräume nicht, bei vertraulichen Gesprächen sind sie sinnvoll.” Auch als Konzentrationsräume seien sie einsetzbar. Klar ist, dass sich die Arbeitsplätze grundlegend wandeln werden.